Was einen guten Texter oder eine gute Texterin ausmacht …

 
Verständliche Sprache, treffende Worte, fesselnde Diktion gehören zum kleinen Einmaleins des Werbetexters. Die „hohe Kunst“ beginnt, wenn es darum geht, für ein bestimmtes Unternehmen, das eine bestimmte Zielgruppe erreichen will, den richtigen Stil zu finden. Hier zeigt sich der wahre Profi. Doch was macht diese Professionalität aus? Der Textertipp zeigt, was einen guten Texter ausmacht …
 

Was einen guten Texter ausmacht

 

Darauf kommt’s an: Die sprachliche Wandlungsfähigkeit des Texters

 
Ein kleines Beispiel vorweg: Der beste Rasierer von Braun ist nicht mit denselben Worten an den besser verdienenden Mann zu bringen wie eine Spielekonsole, die der ganzen Familie schmackhaft gemacht werden soll. Das scheint sonnenklar, weil ein Rasierer etwas anderes als eine Playstation ist, weil es verschiedene Argumente für das eine wie für das andere gibt und weil unterschiedliche Menschen damit angesprochen werden sollen. Stimmt alles. Nur die Frage des Stils ist damit nicht beantwortet.
 
Es wäre nämlich nicht das erste Mal, dass Braun plötzlich wie Playstation klingt, nur weil rein zufällig die gleiche Agentur und der gleiche Texter am Werk waren. Statt Braun mit einer etwas nüchternen, sachlichen Stimme sprechen zu lassen und den Spielen einen emotionalen und lebendigen Tonfall zu geben, hört sich beides mit einem Mal sehr ähnlich an. Der Grund: Der Texter hat so getextet, wie er es für richtig hielt, er hat den Stil gewählt, der ihm am meisten liegt. Und das ist im Zweifelsfall sein eigener. Doch der ist gar nicht gefragt. Und professionell ist das auch nicht.
 

Was einen guten Texter ausmacht: Texter müssen lesen, fragen, zuhören

 
Gefragt ist dagegen die intensive Beschäftigung mit der Marketing-Strategie und der Marken-Philosophie. Und das meint dreierlei:
 
Erstens muss ein Texter verstehen, was das wichtigste Ziel der Aktion ist, für die er textet: Ist es ein Imagetext für eine Website oder ein Verkaufstext für einen Online-Shop? Ist es eine TV-Kampagne, mit der eine Marke Bekanntheit und Sympathie gewinnen will, oder ein DRTV-Spot (Direct Response TV), bei dem die Zuschauer ein Produkt direkt bestellen sollen? Beides ist Fernsehen. Aber beides verlangt nach einem unterschiedlichen Stil, nach einer unterschiedlichen verkäuferischen Vordergründigkeit und möglicherweise auch Lautstärke.
 
Zweitens muss er wissen, welche Zielgruppe angesprochen werden soll: Sind es Männer und Frauen zwischen 25 und 40 Jahren mit Realschulabschluss und mittlerem Einkommen? Sind es Akademiker über 50 Jahre? Sind es Zahnmediziner, die gerade ihre eigene Praxis eröffnet haben? Oder sind es Langstreckenläufer und -läuferinnen, die mehr als einmal pro Jahr die Marathonstrecke zurücklegen? Für alle gilt: Es sind Menschen und keine statistischen Kennziffern – mit unterschiedlichen Interessen und auch Erwartungshaltungen, wie sie von einem bestimmten Unternehmen angesprochen werden wollen. Den Interessen muss ein Texter vor allem inhaltlich entsprechen. Die Erwartungshaltung dagegen hat viel mit dem Stil zu tun, den die Menschen mit einer bestimmten Marke in Verbindung bringen. Was uns direkt zu Punkt drei führt.
 
Drittens muss ein Texter die Marke, ihren Charakter und ihre Philosophie so gründlich wie möglich hinterfragen und verstehen: Was macht diese Marke einmalig? Was unterscheidet sie von anderen? Welche „Persönlichkeit“ hat sie? Wie tritt sie auf? Und nicht zuletzt: Wie spricht sie? Mercedes kann keinen kumpelhaften „Hey-Du“-Ton anschlagen, ebenso wenig wie Nike sich offiziös an die „sehr geehrten Damen und Herren“ wenden kann. Ein Traditions-Unternehmen wie der Otto-Versand kann nicht plötzlich auf jugendlich machen und alles „cool und fett“ finden. Und wenn Media Markt sein augenzwinkerndes „Hauptsache-ihr-habt-Spaß“-Versprechen durch ein „Wir-sind-auch-günstig“-Gesäusel ersetzen würde, dann wäre das ein glatter Stilbruch.
 
Diese drei Aspekte haben wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung, auf die visuelle Verpackung ebenso wie auf die Sprache. Deshalb müssen sie auch geklärt sein, ehe der Erste zum Stift greift oder den Computer einschaltet. Was sich hier so plausibel und selbstverständlich anhört, ist in der täglichen Praxis keineswegs die Regel. Entweder, weil Agenturen und Texter wichtige Fragen ganz einfach nicht stellen. Oder – was häufiger vorkommt – die Kunden sie nicht aussagefähig beantworten.
 

Der Texter als Stimme der Marken-Persönlichkeit

 
Texter sind wie Ghostwriter. Aber was, wenn der Ghostwriter weder das Publikum noch den Star richtig kennt? Die präzisesten Informationen sind am ehesten zu Ziel und Zweck der Aktion zu bekommen: Ein Mailing, das Interessenten gewinnt. Ein Banner, das in den Online-Shop führt. Ein Rundfunk-Spot, der in den Handel führt. Das lässt sich in aller Regel klar formulieren.
 
Aber schon bei der Frage „Wer ist eigentlich unsere Zielgruppe?“, „Wen wollen wir ansprechen?“ werden die Informationen schnell nichtssagend und damit nicht verwertbar. Schreiben Sie mal „einer Zielgruppe im Alter von 25 bis 40 Jahren mit durchschnittlicher Bildung, überdurchschnittlicher Online-Nutzung und einem durchschnittlichen Haushalts-Netto­einkommen von 2.100,- Euro“. Da schreiben Sie schnell für jedermann, und der hat bedauerlicherweise kein Gesicht.
 
Das Problem der Zielgruppen-Beschreibung ist ihre Konzentration auf die Statistik, also auf Durchschnittswerte. Und diese Durchschnittswerte liefern zwar harte, aber mitunter ebenso irreführende Fakten. So waren Rockefeller und sein Chauffeur statistisch gesehen Multimillionäre. Was sagt uns das? Nichts. Rockefeller war Milliardär und sein Chauffeur ein armer Schlucker.
 
Noch dürftiger fallen schließlich die Informationen aus, wenn es um die Marken-Philosophie und die daraus resultierenden Richtlinien geht. Hier wird bevorzugt auf die Corporate Identity (CI)-Richtlinien verwiesen, die sich dann bei näherer Betrachtung nicht selten als Corporate Design (CD)-Handbuch entpuppen. Das ist hilfreich für den Grafiker, denn dort findet er Angaben zur Typografie, zum Fotostil und zur Verwendung des Unternehmens-Logos. Auch für den Texter ist es interessant.
 

Corporate Text Office


 
Was er jedoch zusätzlich noch bräuchte, findet er hier nicht – nämlich Beispiele und Vorgaben zum Umgang mit der Sprache, also Text-Richtlinien. Fragt er danach, was selten genug geschieht, so erntet er zumeist sprachloses Staunen und wird dann auf altes Werbematerial verwiesen, das er zum besseren Verständnis ja studieren kann. Ohne Zweifel: Der Blick in alte Werbematerialien hilft. Aber der Hinweis darauf entbindet das Unternehmen nicht davon, seine Text-Philosophie aussagefähig zu formulieren.
 
Das Ende vom Lied ist bekannt: Der Texter textet nach Gutdünken, er schreibt den Stil, den er und die Agentur für richtig erachten. Und dieser Stil ist nicht selten sein eigener. Im Gegensatz zu einem Roman-Autor braucht ein Texter jedoch keinen eigenen Stil, an dem man ihn als Verfasser erkennt. Er schreibt nämlich nicht im eigenen Namen, sondern er schreibt im Auftrag einer Marke. Und deshalb muss er auch mit ihrer Stimme sprechen.
 

Rollenspiele: Der Texter als Schauspieler

 
Die Persönlichkeit des Texters tritt in dem Moment, da er anfängt zu schreiben, hinter die Persönlichkeit der Marke zurück, ohne jedoch ganz zu verschwinden. Es ist wie bei einem Schauspieler, der in eine Rolle schlüpft. Bevor er die Rolle verkörpern kann, muss er den Charakter der Figur studieren, die er darstellen soll. Er muss ihr Temperament kennenlernen, ihr Auftreten, ihre Mimik, ihre Gestik, ihre Sprache! Ein guter Texter studiert den Marken-Charakter wie ein Schauspieler eine neue Rolle. Er muss begreifen, warum die Marke auftritt, wie sie auftritt, und warum sie spricht, wie sie spricht.
 
Doch er darf nicht davon ausgehen, dass der Kunde, also sein Auftraggeber, ihm alle Fakten zur Marke auf dem silbernen Tablett serviert. Denn die meisten Unternehmen sind nicht in der Lage, die Identität ihrer Marke(n) aussagekräftig zu beschreiben, geschweige denn ihren Sprach-Stil zu definieren. Schließlich ist Selbsterkenntnis nicht immer ganz einfach.
 
Also müssen Agenturen und Texter dieses Vakuum füllen. Und zwar nicht, indem sie der Marke ihren Stil überstülpen. Im Gegenteil: Wir müssen uns in die Marke hineindenken und -fühlen, wir müssen ihr so tief auf den Grund gehen wie ein Schauspieler seiner Rolle.
 

Zusammenfassung: Was einen guten Texter ausmacht …

 
Texter müssen sich in eine Marke hineindenken. Deshalb muss ein Texter auch mehr als einen Stil beherrschen, wenn er diese Bezeichnung verdienen will. Er muss Experte sein für die Frage: Treffe ich den richtigen Ton? Er muss sich in Tonalitäten so sicher bewegen wie in den unterschiedlichen Werbemedien. Das heißt, er muss sich konsequent in den Dienst der Marke stellen.
 
Bevor er sich ein Bild von der Markenpersönlichkeit machen kann, muss diese fassbar werden. Deshalb ist es so wichtig, dass Unternehmen ihre Corporate Identity definiert haben. Denn nur wer sich als Marke begreift, kann als Markenpersönlichkeit in seinen Unterlagen erscheinen. Und die gehören zum ersten Arbeitsmaterial des Texters.

 
 

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