Superlative und richtig steigern: Wie Sie sich nicht ver-steigern …
Superlative sind super – könnte man meinen. Und speziell Werbetexte verführen gewissermaßen dazu. Als werbendes Unternehmen will man schließlich der Beste unter den Besten sein, den schnellsten Service liefern, das leichteste Produkt seiner Art verkaufen oder das mit der längsten Lebensdauer – und ist überzeugt davon, dem Kunden genau das zu liefern. Der sucht natürlich auch nach diesen Top-Produkten. Aber kann ich als Werbender einfach mit Superlativen um mich werfen? Und wann kippt die Werbebotschaft durch die Steigerung ins Gegenteil? Ein heißes Pflaster …
Höher, schneller, weiter – wirklich?
Otto von Bismarck wusste schon: „Jeder Superlativ reizt zum Widerspruch.“ Und strich seinen Mitarbeitern konsequent alle Superlative. Weit mehr als 100 Jahre ist das her, aber man könnte diesen Gedanken immer noch so unterschreiben. Denn bei Superlativen denkt sich der Leser schnell: Halt! Stimmt das überhaupt? Er übernimmt nicht einfach alles unkritisch. Seine Frage lautet häufig: Wo liegt der Beweis?
Von Superlativen erhofft man sich grundsätzlich mehr Marketing-Erfolg. Sie sind zwar gut gemeint, aber nicht gerade das beste Mittel, um zu werben. Im Gegenteil – schnell wirkt die Aussage unglaubwürdig und überheblich. Als Werbender können Sie nicht einfach mit Superlativen um sich werfen. Dann wird es nicht lange dauern, bis jemand dazwischen grätscht und Irreführung vorwirft. Also wehren Sie solche Angriffe lieber schon im Vornhinein ab, indem Sie gut überlegen, was Sie behaupten und ob das belegbar ist.
Superlative: Beweise schaffen Glaubwürdigkeit
Der Haken: Die Beweisbarkeit Ihrer Aussage. Wer Behauptungen aufstellt, die sich so nicht hinreichend belegen lassen, macht sich angreifbar und hat schnell juristische Probleme am Hals. Doch der Superlativ liefert nun mal die Steilvorlage für ein „Aber“, einen Einwand oder Zweifel. Und nur weil etwas auf dem Papier steht, aus dem Radio oder TV tönt, heißt das noch lange nicht, dass es tatsächlich auch so ist. Fakt ist: Nachprüfbare Aussagen müssen auch tatsächlich wahr sein. Der richtige Umgang mit Steigerungen und Superlativen ist deshalb eine Gratwanderung.
Wie steht’s um die Beweisbarkeit Ihrer Aussagen? Wenn es einen Beleg für die Spitzenstellung gibt – optimal! Dann ist es natürlich erlaubt, mit Superlativ zu werben. Liefern Sie den Beweis aber immer gleich mit. Das kann zum Beispiel eine festgeschriebene Tradition oder ein Testbericht sein. Damit untermauern Sie Ihre Aussage: „Trinkgut. Seit 1632 verbrieft: Deutschlands älteste Brauerei startet Marketing-Offensive“, „Stiftung Warentest (Logo mit Heftangabe): Deutschlands schnellste Kettensäge gibt’s jetzt bei Sägschnell“ …
Geht’s um Behauptungen wie „die größte …“ oder „das meistverkaufte …“, muss außerdem nachweislich ein deutlicher und langfristiger Vorsprung gegenüber der Konkurrenz vorhanden sein. Es reicht also nicht aus, nur einen Monat lang die Nase vorn oder nur minimal höhere Verkaufszahlen als die Konkurrenz erzielt zu haben. Ein bisschen mehr sollte es schon sein.
Auch ohne Beweis ist nichts verloren!
Kein Beleg vorhanden? Auch dann gibt es eine Lösung, nämlich persönliche Aussagen. Im Klartext: Sie packen Superlative in subjektive Statements und machen sie so glaubwürdiger. Am besten natürlich durch tatsächlich existierende Testpersonen. Das geht dann zum Beispiel so: „Für Tester Steiner ist der neue Vitamix TNC 5200 einfach der praktischste Mixer der Welt.“ Damit bieten Sie eine viel kleinere Angriffsfläche als mit allgemeinen Aussagen wie „Der Vitamix TNC 5200 ist der praktischste Mixer der Welt.“ Wie sollten Sie das beweisen?
Auch einschränkende Superlative machen Sie weniger angreifbar, weil Sie damit Ihre Aussage relativieren. Sie kennen sicherlich das bekannteste Beispiel, „die wahrscheinlich längste Praline der Welt“ Nicht ohne Grund heißt sie nicht „die längste Praline der Welt“. Warum? Die Aussage muss juristisch bestehen können. Darauf sollten Sie immer achten. Wer sich zu weit aus dem Fenster lehnt, dem droht wie schon gesagt juristischer Ärger. Ein weiteres populäres Beispiel, wie Sie es geschickt anstellen: „Gut. Besser. Paulaner.“ Diese Steigerung impliziert, dass Paulaner das Nonplusultra (auch das ist ein Superlativ!) ist, drückt das aber nicht konkret aus.
Ebenfalls nicht ganz so gewagt: Sie stellen die Behauptung auf, in die Spitzengruppe zu gehören. Zum Beispiel als „einer der führenden Anbieter in Sachen …“, „einer der günstigsten Partner für …“ oder „einer der schnellsten Dienstleister rund um …“. Die Aussage ist zwar abgeschwächt, aber immer noch stark. Aber auch hier gilt wieder: Geht’s um objektiv nachprüfbare Inhalte, müssen Sie auch Beweise liefern können. Tipp: Je konkreter Sie werden, desto leichter ist der Nachweis zu erbringen. Das „meistgebuchte Hotel Hamburgs“ wäre ein Beispiel hierfür.
Eleganter als der Superlativ: Stilmittel
Eine Alternative für Superlative sind die gängigen „Verstärkungswörter“. „Das unbedingt total absolut beste Buch über das Schreiben …“ zeigt eine Zusammenballung solcher Verstärkungswörter. Sie verleihen Ihren Botschaften Nachdruck. Inflationär gebraucht und aneinander gereiht verlieren sie jedoch ihre Wirkung. Deshalb: Sparsam einsetzen, reduzieren und überdenken. Denn ein „einfach“ wirkt oft stärker als ein „ganz einfach“.
Tipp: Kennzeichnen Sie beim Redigieren die Verstärkungswörter „ganz, sehr, durchaus, unbedingt, absolut völlig, voll und ganz, total“ in Ihrem Rohtext und überlegen Sie, ob diese die Aussage untermauern oder doch „too much“ sind.
Nächste Möglichkeit: Trendwörter. Dabei müssen Sie grundsätzlich Fingerspitzengefühl beweisen. „Mega-Angebot“, „hypersensible, wahnsinnig geile Erlebnisse“ und Ähnliches – wer solche Trendwörter benutzt, braucht Zielgruppen, die sie verstehen. Ansonsten gilt das Gleiche wie bei den Verstärkungswörtern. Und mit dem „Mega-Angebot“ sind wir auch schon bei der nächsten Steigerungstechnik …
Das superlativische Vorsatzwort ist ein weiterer Weg, die Steigerung geschickt zu verpacken. Mit diesem stilistischen Mittel verstärken Sie spielend einfach Ihr Produkt oder Angebot. Wie? Indem das Vorsatzwort die Steigerung bereits einschließt. Als Mega-Angebot, Top-Produkt, Bestleistung oder Spitzenservice.
Sprachliche Kraftpakete …
Wortwiederholungen betonen das Wichtige und verleihen so Ihrer Aussage Nachdruck. Besonders die Anapher, die in der Werbung schon ganz früh zum Einsatz kam: „Er läuft und läuft und läuft“ war in den Sechzigern eine populäre Headline für den VW-Käfer und ist es heute noch.
Ähnlich wirkt die Kombination sinnverwandter Begriffe. Fündig werden Sie in einem Synonym-Wörterbuch und produzieren sprachliche Kraftpakete: „Feuer und Flamme“, „unter Dach und Fach“, „Tür und Tor“, sauber und rein“, „reich und vermögend“, „singende, klingende Glückwünsche“, und, und, und. Sie sorgen für starke Ausdrücke – ganz ohne Superlativ.
Steigerung von Adjektiven: Richtig steigern
Heikel wird das Steigern bei zusammengesetzten Begriffen. Dann sind wir uns oft gar nicht mehr so sicher, wie’s denn richtig geht. Die Grammatik gibt uns folgende Regel vor: Der erste Begriff wird gesteigert. Aus dem viel gelesenen Buch wird also das „meist gelesene“ Buch des Jahres und nicht das „viel gelesenste“. Trotzdem ist manchmal eine Umschreibung schöner: Der „weitest gereiste“ Mann des Dorfes klingt – obwohl korrekt gesteigert – fast ebenso unsinnig wie der „weit gereisteste“ Mann. Besser ist daher: Kein Mann im Dorf ist so weit gereist wie …
Wenn Sie mit Alleinstellungsmerkmalen und Superlativen werben, vergewissern Sie sich, dass Ihre Behauptungen wasserdicht sind. Und liefern Sie Beweise durch Marktübersichten, Gutachten, Testberichte, seriöse Erhebungen etc. Es könnten sonst Abmahnungen ins Haus flattern und Rechtsstreitigkeiten entstehen.
Im Endeffekt ist ein Gerichtsurteil immer abhängig vom Einzelfall. Maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage nach § 5 UWG ist jedoch, wie der angesprochene Verkehr (die Zielpersonen) die Werbung versteht. Um das zu veranschaulichen, hier ein paar Beispiele:
„Wir sind der beliebteste Anbieter Deutschlands für Internet, Telefon und TV aus einer Hand!“ wurde für unzulässig erklärt, weil der Service nicht in allen Bundesländern angeboten wurde.
„Für Sie kämpft niemand so wie wir“ hingegen ist eine zulässige Aussage, da über den tatsächlichen Erfolg des Werbenden in seinem Tun nichts Konkretes ausgesagt wird.
„Der beste Powerkurs aller Zeiten“ ist keine irreführende Spitzenstellungswerbung, weil der Verbraucher die werbetypische Übertreibung erkennen kann.
Mit „Wenn Sie besser billiger kaufen, erstatten wir die Gelddifferenz zurück“ zu werben, ist nicht wettbewerbswidrig.
„Dienstleister mit weltweiter Spitzenstellung“ ist unzulässig, wenn das Unternehmen zwar international, aber nur im deutschsprachigen Raum tätig ist.
Das Wort „sparen“ zu verwenden, ist zulässig, da es einen günstigen, aber nicht den günstigsten Preis suggeriert.
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