Die Kraft der Wiederholung: Wie du mit Wiederholungen Betonungen setzt
„Wortwiederholung!“ Dieser Korrekturhinweis ziert oft Aufsätze in der Schule. Und es wird uns eingebläut, dass Wiederholung etwas Schlechtes sei, ein stilistisches Manko. Dabei steckt dieses Stilmittel, wenn richtig eingesetzt, voller Potenzial – in der Literatur wie auch in der Werbung.
Arten von Wort-Wiederholungen
Wiederholung ist nicht gleich Wiederholung. Es gibt viele Arten von Repetition, die deinen Text auf vielfältige Weise beeinflussen können. Während man bei einigen dieser Stilmittel vielleicht sofort an die Lyrik denkt, finden sie häufig auch Anwendung in der Werbung und der Rhetorik. Denk nur an „Carglass repariert, Carglass tauscht aus“!
Hier eine kleine Übersicht der wichtigsten Arten von Wiederholung:
Wenn du in der Schule fit in Sachen Stilmittel warst, fragt du dich an dieser Stelle vielleicht: was ist eigentlich mit der Alliteration? Köstliche Kuchen kreiert von kreativen Köchen, das ist doch auch eine Wiederholung. Und das ist absolut richtig. Sie gilt als eine Sonderform der Wiederholung, wie auch der Parallelismus oder der Pleonasmus. Hier geht es nämlich nicht um reine Wortwiederholungen, sondern um das Wiederholen von Lauten und Inhalten. Das macht sie aber nicht minder wirksam.
Wirkung von Wort-Wiederholungen
Wiederholungen bleiben im Gedächtnis
Wiederholungen sorgen dafür, das Gesagte in unseren Köpfen zu verankern, sodass wir es nicht so schnell wieder vergessen. Manchmal ertappt man sich nach dem Lesen eines prägnanten Slogans dabei, ihn an der Supermarktkasse im Kopf immer und immer wieder aufzusagen. Wie einen Ohrwurm, aber ohne Musik. Milch macht müde Männer munter, Milch macht müde Männer munter, …
Wiederholungen verleihen Nachdruck
Doch Wiederholungen haben noch mehr zu bieten: Sie verstärken die Botschaft und verleihen ihr Nachdruck. Du kannst deine Schwester gerade absolut nicht ertragen und willst sie eine Weile lieber nicht sehen? Mit einem eindringlichen „Geh bitte, bitte geh!“ wird sie deiner Bitte garantiert nachkommen.
Wiederholungen sorgen für Klarheit
Gerade in komplexen Texten schaffen Wiederholungen Klarheit und Struktur. Ein Wissenschaftler, der an einer Arbeit zu einem anspruchsvollen Thema schreibt, hat ein großes Interesse daran, sich so deutlich wie möglich auszudrücken, um den Leser nicht mit Synonymen und komplizierten Begriffen zu verwirren. Wiederholungen helfen, zentrale Ideen zu festigen und den Kern der Argumentation klar herauszustellen.
Wiederholungen machen deinen Text spannender
In der Literatur sind Wiederholungen ein bewährtes Stilmittel, um Texte spannender und ansprechender zu gestalten. Stell dir vor, du stehst in einem Buchladen und möchtest ein neues Buch kaufen. Für welches Buch würdest du dich eher entscheiden?
A: Die Stadt war still, totenstill. In der lauen Luft lag ein Versprechen…ein Versprechen von Rache.
B: Die Stadt war still und in der Luft lag ein Versprechen von Rache.
Die erste Variante zieht uns sofort in ihren Bann. Die Wiederholung des Wortes „still“ erzeugt eine gespenstische Atmosphäre und verstärkt die Intensität des Moments. Die Formulierung lässt die Stille förmlich greifbar werden, während das wiederholte „Versprechen“ die Spannung und Vorahnung steigert.
Wiederholungen schaffen somit nicht nur einprägsame Slogans oder eindringliche Aufforderungen, sondern verleihen auch literarischen Texten eine zusätzliche Dimension von Emotion und Dramatik. Sie ermöglichen es dem Leser, die Kernbotschaft intensiver zu erleben.
Gezielter Einsatz von Wiederholungen: Weniger ist mehr.
Das Tückische an Wiederholungen ist, dass sie, wenn sie in zu großer Zahl auftreten, schnell ihre Macht verlieren und den Leser ermüden. Ihre Wirkung kann sich ins Gegenteil verkehren, und der anfängliche Charme verfliegt. Wenn du deinen Text mit übermäßigen Wiederholungen füllst, könnte dieser schnell monoton wirken und deine Leser von dem Wesentlichen ablenken.
Sie könnten beginnen, dich als langweilig oder einfallslos zu empfinden, wenn du ihnen immer wieder dasselbe Wort und dieselbe Satzstruktur präsentierst. Der Gedanke, dass der Autor möglicherweise einen begrenzten Wortschatz hat, könnte aufkommen – und das möchtest du sicherlich vermeiden.
Deshalb gilt als Leitregel: Wiederholung sollte gezielt eingesetzt werden, um die emotionale Wirkung und die zentrale Botschaft deines Textes zu verstärken, ohne dass sie sich abnutzt oder redundant wirkt.
Überlege dir also genau, wann und wie du Wiederholungen verwendest. Setze sie an entscheidenden Stellen ein, um Schlüsselkonzepte hervorzuheben oder emotionale Intensität zu erzeugen. Zusätzlich kannst du Wiederholung mit Variation vereinen. Verwende an geeigneten Stellen zum Beispiel Synonyme und variiere deine Satzstrukturen, wo die immer gleiche stilistisch keinen Sinn macht. Entscheidend ist es, die Balance zwischen Wiederholung und Variation zu halten!
Wiederholungen in der Literatur und Lyrik
An dieser Stelle entführe ich dich zurück in deine Schulzeit. Gedichtanalyse steht auf dem Plan. Vor dir liegt ein Gedicht von Joseph von Eichendorff. Es heißt „Frische Fahrt“. Erkennst du die Art und Weise, wie der Lyriker mit verschiedenen Arten von Wiederholung spielt?
Laue Luft kommt blau geflossen,
Frühling, Frühling soll es sein!
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Mutger Augen lichter Schein;
Und das Wirren bunt und bunter
Wird ein magisch wilder Fluß,
In die schöne Welt hinunter
Lockt dich dieses Stromes Gruß.
(Joseph von Eichendorff, Frische Fahrt)
Wiederholungen kommen jedoch nicht nur in der Lyrik vor, sondern finden auch oft Anwendung in Kurzgeschichten und Romanen.
Ein Beispiel:
„Sehen Sie nur mal an, es ist krepiert; da liegt es, ganz und gar krepiert.“
Diesen Satz ruft die Bedienerin in Franz Kafkas „die Verwandlung“ als sie Gregor tot in seinem Bett findet. Die Wiederholung des Begriffs „krepiert“ suggeriert nicht nur den physischen Tod, sondern auch den Verlust von Gregors Identität, seiner Rolle in der Familie und seiner Menschlichkeit.
Wie du siehst, sind Wiederholungen in der Literatur durchaus machtvolle Stilmittel, wenn du sie richtig einzusetzen weißt.
Wiederholungen in der Werbung und Rhetorik
• Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein. (dm)
• Im Falle eines Falles klebt Uhu einfach alles.
• Gelb. Gut. Günstig. (Yello Strom)
• Seitenbacher Müsli – lecker, lecker, lecker!
• Wohnst du noch oder lebst du schon? (IKEA)
Werbeslogans wie diese machen sich die Kraft der Wiederholung zu Nutze – und bleiben im Gedächtnis! In der Werbung kannst du Stilmittel wie Parallelismen, Anaphern und Alliterationen auf kreative Weise nutzen, um deine Marke aufzubauen und in den Köpfen der Menschen zu verankern.
Wiederholung kann auf ganz unterschiedliche Weise stattfinden – nicht nur innerhalb eines Textes, sondern auch außerhalb davon. Wer heute noch Kabelfernsehen schaut, kennt das Phänomen: Manche Werbespots werden so oft gesendet, dass es schon fast lästig wird. Aber eben nur fast. Denn die ständige Wiederholung verfolgt einen klaren Zweck: Je häufiger wir etwas sehen, desto besser prägt es sich uns ein. Selbst wenn uns die Werbung am Ende nervt, erkennen wir das beworbene Produkt im Geschäft sofort wieder – und genau das ist das Ziel.
Auch Politiker machen sich diesen Wiederholungseffekt zunutze, um ihre Kernbotschaften bei potenziellen Wählern zu verankern. Ein zentraler Wahlspruch wird immer und immer wieder wiederholt, bis er nicht mehr von dem Politiker oder der Partei trennbar ist. An wen denkst du beispielsweise bei den Worten: „Nie gab es mehr zu tun“? Richtig, an die Grünen.
In den USA blieb John F. Kennedy für den folgenden Satz in Erinnerung: „Ask not what your country can do for you – ask what you can do for your country“ (Frage dich nicht, was dein Land für dich tun kann, frage dich, was du für dein Land tun kannst). Der Parallelismus, der auch eine Anapher beinhaltet, ist sowohl einprägsam als auch überzeugend. Man könnte sagen, er mobilisiert.
Mobilisieren kannst auch du – wenn du die Kraft der Wiederholung nutzt und sie effektiv in deinen Texten einsetzt!
Infografik: Wortwiederholungen